Prävention

Welche Strategien sind sinnvoll und was bringt uns eher nicht weiter?

Als Wichtigstes ist zunächst zu klären, wann ein Rückfall überhaupt beginnt, bzw. ab wann ein Einschreiten notwendig wird.

Ein Rückfall beginnt im Kopf, meistens schon lange, bevor der Konsum ausgeführt wird. Viele Betroffene bemerken das gar nicht und sind hinterher ganz verwundert darüber, woher diese plötzliche Entscheidung kam, nun zu trinken oder Drogen zu nehmen. Deshalb ist es sehr wichtig, die eigene Achtsamkeit zu schulen. Es gibt spezielle Gruppen, in denen Therapeuten mit Achtsamkeitsübungen den Süchtigen für diese Vorboten sensibilisieren. In der Regel kündigt sich ein Rückfall an und kommt nicht aus heiterem Himmel. So ist es also ein wichtiger und auch stetiger Lernprozess, bereits im Vorfeld die Signale zu erkennen.

Wer nun an dem Punkt angekommen ist, Signale zu erkennen und zu deuten, muss seinen persönlichen Weg finden, mit der Situation konstruktiv umzugehen. Wir möchten an dieser Stelle einige Möglichkeiten aufzeigen, die dabei hilfreich sein können:

Grundsätzlich geht man davon aus, dass der substanzfreie Haushalt zu den wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen zählt, denn hierdurch wird ein geschützter Rahmen geschaffen, der auch als Fluchtmöglichkeit genutzt werden kann. Auch der Weg, der dann zur Beschaffung zurückgelegt werden muss, spricht dafür, keine Suchtmittel im Haus zu haben, denn so entsteht noch einmal Zeit und Gelegenheit, die Entscheidung zu überdenken. Viele Betroffene sagen, dass der ungemütliche Weg zum Laden oder zum Dealer lebensrettend sein kann.

Löscht die Telefonnummern und Messenger-Accounts von Dealern.

Ein ganz unscheinbarer, aber sehr wirkungsvoller Tipp ist es, zu Beginn der Abstinenz dafür zu sorgen, weder Hunger noch Durst zu haben, also rechtzeitig etwas essen und trinken. Hunger und Durst können dem Gefühl des Suchtdrucks sehr ähnlich sein.

Einige Therapeuten empfehlen, sich auf derartige Notfälle mit zwei Zetteln vorzubereiten. Der erste Zettel wird mit einem roten Stift beschriftet. Hier zählt man die drei schlimmsten Ängste auf, die wir mit dem Konsum und den Folgen der Sucht verbinden.
Der zweite Zettel wird mit einem grünen Stift beschriftet. Hier listen wir die drei Wünsche auf, deren Verwirklichung nur dann möglich ist, wenn wir abstinent sind und bleiben. Lesen wir zuerst den rot und danach den grün beschrifteten Zettel, kann uns der Effekt stärken, wobei die Signalwirkung der Farben eine wichtige Rolle spielt.

Aber auch, wer diese vorbereitenden Sicherheitsmaßnahmen bereits umgesetzt hat, ist vor einer kritischen Situation, die ja eben unvorbereitet auftreten kann, nicht gefeit. Für solche Notfälle gibt es ebenfalls gute Tipps, die helfen, die Gefahr ohne Suchtmittel zu überstehen. Viele berichten von der positiven Wirkung, die Bewegung haben kann. Aggressionen und/oder andere Spannungen mit Sport zu mindern, erweist sich zumeist als sehr entlastend. Hier bietet sich auch an, dies vorsorglich zu tun, um den inneren Druck geringer zu halten. Außerdem schafft es auch Ablenkung, die in jedem Falle hilfreich ist.

Es ist nicht immer möglich, einer sportlichen Aktivität nachzugehen, weil man beispielsweise gesundheitlich nicht dazu in der Lage ist. Dann ist es nötig, sich die Ablenkung auf eine andere Art zu verschaffen. Besonders gut sind dabei Gespräche mit anderen Betroffenen, die die Problematik verstehen und damit auch umgehen können. Ist im eigenen Umfeld gerade kein Gesprächspartner verfügbar, bietet es sich natürlich auch an, zu telefonieren oder zu chatten.

Ist man in dieser Situation auf sich allein gestellt, empfiehlt es sich, reichlich alkoholfreie Getränke zu sich zu nehmen. Es dämpft nicht nur das Durstgefühl, sondern verschafft auch durch die Handlung Ablenkung und eventuelle Beruhigung, wie sie sich auch durch Meditation, Autogenes Training oder ähnliche Entspannungsübungen einstellen kann.

Ebenfalls wird als therapeutische Übung der „Notaus-Knopf“ in Gedanken empfohlen. Es kommt immer wieder vor, dass wir uns in Gedanken verrennen, die uns runter ziehen. Auch dies kann ein Auslöser für Suchtdruck sein. Der Gedanke an das innere Bild des Notaus-Knopfes kann uns helfen, die destruktiven Gedanken zu unterbrechen, damit wir nicht in eine Spirale rutschen, in der sich negatives Denken und Suchtdruck aufschaukeln. Es kann auch helfen, sich selbst ein lautes „STOPP!“ vorzusagen, in die Hände zu klatschen o.Ä.

Einen besonders guten Schutz bietet die innere Stabilität. Diese zu erlangen benötigt Zeit, Geduld und auch geistige und emotionale Arbeit. Die folgenden Tipps sind eher als langfristige Ziele zu verstehen:

Ein regelmäßiger Besuch in einer Selbsthilfegruppe ermöglicht nicht nur die Auseinandersetzung mit den eigenen Auslösern, die uns zur Sucht gebracht haben, sondern wir sammeln dort auch eine Menge Lebenserfahrung, die uns auf dem abstinenten Weg unterstützt, wie z. B. der Bericht eines Alkoholikers, der nach 30 Jahren Abstinenz einmal probiert hat und nun nicht mehr so einfach den Absprung zurück in die Abstinenz schafft.

Dadurch wird klarer, wie sinnvoll es ist, sich immer wieder mit der Thematik „Sucht“ zu befassen. Auf diese Weise kommen auch verblasste negative Erinnerungen an die Sucht wieder weiter in den Vordergrund. Damit kann man einer Art Übermut entgegentreten, die schon so manchen Süchtigen in den Rückfall gebracht hat.

Die meisten Süchtigen berichten davon, wie schwer es ihnen fällt, „Nein!“ zu sagen. Dabei geht es darum, auf sich zu achten und sich beispielsweise keine Aufgaben/Pflichten auferlegen zu lassen, die einen überfordern und somit die eigene Stabilität gefährden. Dies zu lernen kann auch ein längerer Prozess sein, der sich allerdings lohnt, denn dadurch wächst die eigene Zufriedenheit und die eigene Stabilität. Im regelmäßigen Austausch mit anderen Gruppenmitgliedern kann man davon profitieren, wie andere Betroffene mit diesem oder ähnlichen Themen umgehen.

Wer bereits einen Rückfall hatte, wird sich sicherlich erinnern können, wie schlecht man sich damals gefühlt hat. Diese Gedanken können oft auch über eine schwere Phase hinweghelfen. Auch die Erinnerung daran, was schon einmal in der Vergangenheit geholfen hat, sich besser zu fühlen, kann abgerufen und genutzt werden.

Wichtig ist ein klares „Nein!“ zur Droge. Wer dieses „Nein!“ stabilisieren kann, wird mehr und mehr an Sicherheit gewinnen, denn letztlich wissen wir ja, dass kein Zustand ewig dauert. Ein Anflug von Suchtdruck geht in jedem Falle vorüber, auch ohne zu konsumieren.

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