Heroin

Heroin ist ein Opioid, das aus Morphium hergestellt wird. Es ist ein Rauschgift und wirkt noch stärker schmerzlindernd als Morphium selbst. Ursprünglich wurde es von Bayer als Hustenstiller und Schmerzmittel entwickelt, das war 1896. Bayer lies sich dafür den Namen Heroin schützen, der von Heros (Held) abgeleitet ist. Außerdem fand es noch 40 weitere Anwendungsgebiete, wie zum Beispiel bei Bluthochdruck, Herzerkrankungen und sogar zur Geburtseinleitung.

1904 wurde allerdings erkannt, dass Heroin noch stärker und schneller abhängig macht als Morphium und dass bei der Einnahme von Heroin eine Toleranzentwicklung entsteht. 1931 wurde die Herstellung von Heroin durch die Firma Bayer eingestellt und das Präparat vom Markt genommen. Dies geschah allerdings nicht aufgrund der suchtbildenden Eigenschaft des Heroins, sondern es hatte politische Gründe, die hauptsächlich von den USA ausgingen. Heroin wurde mit chinesischen Einwanderern in Verbindung gebracht, die durch Opiumpfeifen abhängig geworden und auf Heroin umgestiegen waren. Mit einem Verbot hoffte man, die unliebsamen Chinesen loszuwerden.
Während des 2. Weltkriegs kamen Soldaten mit Heroin in Berührung und die Zahlen der Abhängigkeitserkrankungen stieg rasant an. Die Droge wurde aus Italien eingeschmuggelt. In Deutschland wurde Heroin noch bis 1958 legal verkauft. Danach fiel es unter das BTM-Gesetz. Die therapeutische Anwendung ist in Deutschland seit 2009 unter sehr strengen Auflagen wieder erlaubt.

Heroin kann auf 3 verschiedene Arten konsumiert werden:

1. Rauchen
Beim sogenannten Blechrauchen wird Heroin auf Alufolie erhitzt. Die dabei entstehenden Dämpfe werden mit Hilfe eines Strohhalms inhaliert. Ansonsten kann die Substanz auch einfach mit Tabak vermischt und wie eine Zigarette geraucht werden.

2. Sniefen
Hier wird das Pulver so fein wie möglich zerkleinert und anschließend durch ein Röhrchen eingeatmet. Durch die Nasenschleimhäute gelangt die Substanz dann ins Blut.

3. Spritzen
Heroin wird erhitzt und dadurch flüssig. Diese Flüssigkeit zieht man durch einen Filter in eine Spritze und injiziert es intravenös.

Bei den ersten beiden Konsumformen wirkt die Substanz langsamer, dafür aber auch länger. Eine Wirkung tritt nach einigen Minuten auf und hält maximal 6 Stunden an. Hierbei kommt es auf individuelle Faktoren des Konsumenten an. Je nach dem, wie der Stoffwechsel arbeitet, kann die Wirkung auch deutlich früher wieder nachlassen.
Beim Spritzen wird die Wirkung innerhalb von wenigen Sekunden spürbar, dies geschieht mit voller Kraft. Dadurch entsteht ein Kick, der als so gut empfunden wird, dass die Konsumenten ihn immer wieder erleben wollen, um beinahe jeden Preis.

Heroin wirkt im Gehirn. Wir haben dort sogenannte Rezeptoren. Wir können uns das vorstellen wie kleine Steckdosen. Eigentlich sind die Steckdosen dafür gedacht, sich mit körpereigenen Stoffen (Steckern) zu verbinden. Das Heroin besitzt aber auch die passenden Stecker. Sobald wir konsumieren, gelangt das Heroin in hoher Geschwindigkeit ins Gehirn und belegt in der selben hohen Geschwindigkeit alle freien Steckdosen und kann seine Wirkung entfalten.

So kommt nun erst der beschriebene Kick. Ist dieser vorbei, geht die Wirkung in ein anhaltendes Glücksgefühl über. Es entsteht Euphorie und Beruhigung zur gleichen Zeit. So hat man plötzlich wieder die Kraft, Dinge zu erledigen, die man sonst nicht geschafft hat. Der Antrieb ist gesteigert und die innere Blockade löst sich in Luft auf.

Menschen, die sonst eigentlich depressiv und schüchtern sind, blühen auf einmal auf. Probleme werden ausgeblendet und die geistige Aktivität kommt zur Ruhe. Gefühle von Unlust und innerer Leere verschwinden. Alle Widrigkeiten des Lebens scheinen auf Nimmerwiedersehen verschwunden zu sein. Angst wird nicht nur reduziert, sondern sogar komplett ausgeschaltet. Die Konsumenten fühlen sich einfach nur total glücklich und zufrieden.

Zitat:
„Als ich Kind war, ging ich zu einer Meditationslehrerin. Sie sagte, wenn ich jeden Tag meditieren würde, dann würde sich mit der Zeit ein Glücksgefühl einstellen, das immer stärker wird. Darauf wartete ich vergeblich. Als ich dann gut 15 Jahre später das erste Mal Heroin genommen habe, dachte ich an die Meditationslehrerin: DAS ist das Glück, wie ich es mir für die Meditation immer vorgestellt hatte!“

Der Bereich in unserem Gehirn, der für Gefühle verantwortlich ist, ist auch der Teil, der bei Sucht angesprochen wird. Genau dieser Bereich hat auch die meisten „Steckdosen“, in die die Stecker des Heroins passen. Heroin trifft also mitten ins Schwarze, was auch erklärt, warum Heroinsüchtige so viel Leid auf sich nehmen, um weiter an die Droge zu gelangen.

Wenn unser Gehirn nun bemerkt, dass alle Steckdosen vom Heroin belegt sind, wird automatisch die Produktion von noch mehr zusätzlichen Steckdosen gestartet. Dieser neue produzierte Überschuss will nun auch unbedingt belegt werden. Es ist der selbe biologische Ablauf, der beim Konsum von Alkohol auch passiert. Durch die neu produzierten Steckdosen wird mehr von der Droge benötigt, um das Ziel zu erreichen, alle Dosen zu blockieren. Das ist das, was wir als Toleranzentwicklung kennen. Wir brauchen immer mehr und wir vertragen auch immer mehr.

Die Liste der Nachteile, die gegen einen Konsum sprechen, ist lang. Beginnen wir einmal beim finanziellen Aufwand des regelmäßigen Konsums:

Wie viel Heroin für eine Dosis benötigt wird, hängt davon ab, wie das Gift verstoffwechselt wird. 0,5g ist ein gut mögliches Beispiel. Der derzeitige Preis (Jahr 2019) für diese Menge liegt bei etwa 15 Euro. Die ersten Entzugssymptome setzen etwa 8 Stunden nach der letzten Einnahme ein. Also benötige ich pro Tag 3 Einzeldosen, um nicht entzügig zu werden. Damit sind wir bei 45 Euro am Tag. Soviel zur Theorie.

Die meisten Konsumenten nehmen allerdings nicht im 8-Stunden-Takt etwas ein, sondern lassen vielleicht nur 3 oder 4 Stunden vergehen. Damit gehen wir in Richtung 100 Euro Ausgaben am Tag. Das muss irgendwie finanziert werden. Um so viel Geld einnehmen zu können, bleibt den meisten Konsumenten nicht viel mehr übrig als die Prostitution oder Kriminalität.

Mit der Beschaffungskriminalität geht zumeist auch eine emotionale Verwahrlosung einher. Die Süchtigen stumpfen mehr und mehr ab, um sich die Droge leisten zu können und die Betäubung durch die Droge führt zu noch mehr emotionalem Abbau, denn nach Einnahme scheint ja wieder alles gut zu sein. Ein Kreislauf, der nicht selten in den Tod führt.

Auch die richtige Dosierung zu finden ist nicht ganz leicht. Der Spielraum zwischen dem Erreichen einer Wirkung und einer tödlichen Überdosis ist sehr klein. Nicht jeder Todesfall durch eine Überdosis war auch ein Suizid.

Eine weitere Gefahr stellt die Ansteckung mit HIV und Hepatitis C durch gemeinsam verwendete Spritzen dar. Auf dem selben Weg gelangen auch Verunreinigungen direkt ins Blut.

Diesen hohen Preis zahlt ein Suchtpatient unter Anderem auch dafür, nicht entzügig zu werden. So wie bei einem Alkoholiker der Entzug als Kater bezeichnet wird, so hat der Junkie einen Affen. Das beginnt damit, dass die Gedanken leicht depressiv werden. Das ist schon mal der Vorbote, der den Affen ankündigt. Wer keinen Nachschub mehr hat, macht sich spätestens dann auf den Weg, sofern denn das Geld dafür da ist.

Mit im Gepäck hat der Affe einen Kloß im Hals, Niesanfälle, ein Schwächegefühl, welches sich mehr und mehr ausbreitet. Knochenschmerzen, Magenkrämpfe, Brechdurchfall, Schwitzen, Frieren und starke Depressionen machen so handlungsunfähig, dass eine Beschaffung in dieser Zeit aus eigener Kraft nicht mehr möglich ist. Diese Symptome halten eine gute Woche an, bis es dann langsam wieder bergauf geht.

Wenn man den Entschluss gefasst hat, clean zu werden, so hat man mehrere Möglichkeiten. Zuerst steht die Entgiftung an. Man kann von Heroin entziehen, um die komplette Abstinenz anzustreben, es gibt aber auch die Möglichkeit, eine Umstellung von Heroin auf ein Substitut (z. B. Methadon) vornehmen zu lassen. Um überhaupt erst einmal einen Platz in der Entgiftung zu bekommen, muss sich der Süchtige über einen Zeitraum von mehreren Wochen täglich in der Klinik melden, in der die Entgiftung gemacht werden soll. Dies soll die wirklich motivierten Aussteiger von den Kurzentschlossenen, denen man nicht sehr große Erfolgsaussichten einräumt, trennen.

Ein Einstieg ins Substitutionsprogramm ist auch ohne Entgiftung möglich, da es sich beim der verwendeten Substanz ebenfalls um ein Opioid handelt. Wenn Heroin wegfällt und z. B. Methadon verabreicht wird, entstehen keine Entzugssymptome.

Um in ein Methadonprogramm aufgenommen zu werden, muss mindestens ein Gespräch bei der Drogenberatung stattgefunden haben. Von dort aus wird man dann ins Programm aufgenommen und nimmt Kontakt zu einem Arzt auf, der Methadon verschreiben darf. Dies bedarf einer Zusatzqualifikation des Arztes.

Regelmäßige Alkoholkontrollen und die Abgabe von Urinproben gehören von nun an zum alltäglichen Geschehen. Der behandelnde Methadonarzt entscheidet, welche Kontrollen wann und wie häufig durchgeführt werden. Dabei geht es darum, festzustellen, ob ein Beikonsum stattfindet. Die gleichzeitige Einnahmen anderer Substanzen wie Alkohol, Benzodiazepine oder anderer Opioide können die Wirkung des Methadons unkontrolliert verstärken, was eine tödliche Atemlähmung zur Folge haben kann. Das Methadonprogramm fordert also die uneingeschränkte Abstinenz von Alkohol und anderen Drogen.

Die Abgabe von Methadon erfolgt täglich persönlich durch den Arzt, die Dosis muss vor Ort getrunken werden. Das Methadon wird unter Anderem mit Sirup verdickt. Damit soll verhindert werden, dass die Patienten die Substanz genauso spritzen wie einst das Heroin, da die Injektion selbst zur Suchthandlung gehört. Nach ca. einem halben Jahr wird dem Patienten „Take Home“ angeboten. Das bedeutet, dass dem Patienten abgefüllte Einzeldosen von maximal 7 Stück mit nach Hause gegeben werden.

Die Drogenhilfe bietet therapeutische Hilfen an, von der mindestens eine regelmäßig genutzt werden muss, solange man sich im Programm befindet.

Die Wirkungsweise von Methadon unterscheidet sich sehr deutlich von der Wirkungsweise des Heroins. Methadon ist ebenfalls ein starkes Schmerzmittel, durch die orale Einnahme erlebt man aber weder den Kick noch die Glücksgefühle, die dem Heroin das hohe Suchtpotential verleihen. Dadurch entfällt nicht nur die süchtige Handlung des Spritzens oder Rauchens, sondern auch der Missbrauch, um einen Rausch herbeizuführen. Methadon löst aufgrund der vorgesehenen Einnnahme keinen Rausch aus.

Es gibt Patienten, die versuchen das Methadon so zu konsumieren, dass die süchtige Handlung vollzogen wird, indem sie es trotz Verdickungsmittel spritzen. Jedoch bleibt dieser Versuch ohne Erfolg, da sich auch dadurch die erwünschte Wirkung nicht erzielen lässt. Das erklärt auch, warum man Methadon nicht als Ersatzdroge verstehen kann. Es handelt sich um ein Medikament, das das Rückfallrisiko bedeutend verringert. Von den Patienten, die Methadon den Regeln entsprechend einnehmen, bleiben etwa 75% clean.

Die Einnahme verhindert den Suchtdruck, da durch das Methadon alle Rezeptoren (Steckdosen im Gehirn) belegt werden und somit keine freien Plätze übrig bleiben, die nach mehr schreien. Die psychische Abhängigkeit einer Droge wird von der euphorisierenden Wirkung und den damit einhergehenden Glücksgefühlen erzeugt. Beides ist bei der Einnahme von Methadon nicht gegeben.

Die Wirkung kommt im Vergleich zu Heroin sehr langsam. Es braucht etwa eine halbe Stunde, bis sie einsetzt. Hinzu kommt, dass Methadon sehr lange wirkt. Wird die tägliche Dosis im 24-Stunden-Takt eingenommen, so wie es auch vorgesehen ist, werden keine Entzugssymptome aufkommen.

Ein weiterer Vorteil ist das Wegfallen der Beschaffung. Substituierte Patienten müssen somit nicht mehr straffällig werden, indem sie Geld beschaffen oder Heroin kaufen und besitzen. Patienten, die im Methadonprogramm sind, können ein annähernd normales Leben führen, da die Substanz den Alltag nicht sehr einschränkt. Das Führen von Kraftfahrzeugen unter Methadoneinnahme ist umstritten. Jemand, der fährt und bei dem Methadon nachgewiesen wird, kann als auf Dauer fahruntauglich eingestuft werden. Dieses dauerhafte Fahrverbot aufheben zu lassen, nachdem man von Methadon entgiftet hat, ist in der Praxis kaum umsetzbar.

Eine Entgiftung von Methadon, die nicht bei jedem Patienten zu empfehlen ist, dauert im Vergleich zu Heroin deutlich länger und ist mit lang anhaltenden Entzugssymptomen verbunden. Während die Entgiftung von Heroin nach etwa 10 Tagen beendet ist, braucht es die dreifache Zeit, bis Methadon den Körper verlassen hat und man symptomfrei ist.

Zitat:
„Wenn Sie wirklich wissen wollen, wie sich Glück anfühlt, dann spritzen Sie sich Heroin!“

In Anbetracht des hohen Preises, den das Scheinglück verlangt, sinkt die Versuchung auf ein Minimum, und dennoch sinken die Zahlen der Abhängigkeitserkrankungen nicht.

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